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Ab heute im Buchhandel erhältlich: Das große Low Carb High Fat Kochbuch von Åse Falkman Fredrikson und Anna Hallén aus dem riva Verlag.
Jedes Mal, wenn ich in Schweden bin, erwerbe ich interessante, neue Bücher zum Thema LCHF und verfüge mittlerweile über eine stattliche Sammlung. Darunter ein Exemplar von „LCHF 2.0“ von Åse Falkman Fredrikson und Anna Hallén, das ich richtig gelungen finde.

© riva Verlag
Daher waren die beiden mir NATÜRLICH ein Begriff und als Anna mich über das Erscheinen von Das große Low Carb High Fat Kochbuch per Mail informierte, habe ich NATÜRLICH direkt die Gunst des Moments genutzt und um ein Interview für LCHF.de gebeten. Schließlich ist es richtig spannend, original schwedische LCHF-Autorinnen zu ihrem LCHF zu befragen.
Interview mit Åse und Anna rund um das Thema LCHF und das große Low Carb High Fat Kochbuch
Hallo Åse und Anna, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, uns ein paar Fragen zu beantworten.
Wenn ihr euch je in nur einem Satz beschreibt, wie lautet der?
Åse: Hartnäckige Enthusiastin und extrovertierte Optimistin.
Anna: Hoffnungslos neugieriger und in Frage stellender Ernährungsnerd – oftmals abseits der Norm.

Anna und Ase unterwegs
Wie habt ihr LCHF gefunden und warum habt ihr damit angefangen?
Åse: Ich entdeckte es 2005 in einer versteckten, anderen Version – der „GI Methode“ in der Variante von Ola Lauritzon (Anmerkung Annika: GI war in Schweden ziemlich beliebt – bei dieser Methode wurde der Fokus eher auf den GI, den glykämischen Index gelegt). Ich wollte vor meiner Hochzeit einige Kilos abnehmen und bekam von einem Freund, der Personaltrainier ist und an Fitnesswettbewerben teilnimmt, den Tipp, die Kohlenhydrate zu reduzieren.
Meine Kilos hab ich schnell und problemlos verloren und wurde dadurch zum Low Carb-Fan. Zum einen, weil der Körper sich in einer Weise veränderte, die ich noch nie zuvor beim Abnehmen erlebt hatte, zum anderen, weil mein Heißhunger auf Zucker verschwand und das Essen mit reichlich Fett und z.B. reichlich Käse deutlich besser schmeckte. Dennoch vermisste ich die Kohlenhydrate und wechselte daher nach dem Erreichen meines Zielgewichts zu WW (Anmerkung Annika: Da, wo Punkte gezählt werden…) und verbrachte vier weitere Jahre mit den typischen Aufs und Abs in Bezug auf das Gewicht.
2009 wechselte ich zurück zur kohlenhydratreduzierten Ernährung, wollte aber von dem Begriff LCHF an sich nichts wissen, sondern nannte es schlicht LC (Low Carb). Ich konnte mich mit dem LCHF, wie es damals an allen Ecken und Enden beschrieben wurde (Fleisch mit Bearnaise und ohne Gemüse – so lässt sich das ungefähr beschreiben), nicht identifizieren.
2011 machte ich im Zusammenhang mit meiner Firmengründung „56kilo“ bei Anna die Ausbildung zur Ernährungsberaterin. Mein Blog war damals schon ein sehr großer und gerne gelesener Low Carb- bzw. LCHF-Blog und durch Annas Hilfe begriff ich, dass ich sehr wohl LCHF lebte! Ihre Sicht auf die Ernährung entsprach meiner – ich mochte, dass Anna, genau wie ich, die Menschen als individuelle Persönlichkeiten sieht und dass ein starres System nicht auf die Bedürfnisse aller passt.
Anna: Ich fand irgendwann 1998-1999 zu Low Carb. Eine Nachbarin hatte die Nase voll von meinen ständigen Diäten und gab mir ein Buch von Michel Montignac. Damals wog ich über 100 Kilo und nichts half. Also versuchte ich damit eine weitere „Diät“. Ich ernährte mich einen Sommer von französischem Käse und Fleisch mit Sahnesauce, nahm rasant 10 kg ab und war dabei gleichzeitig satt und zufrieden. Ein wunderbares Gefühl.
Alle warnten mich davor, dass ich an dem vielen Fett sterben würde. Darauf entgegnete ich, dass ich ja sonst eh an Übergewicht sterben würde, da könnte ich doch genauso gut schlank und schön sterben.
Nach einigen Jahren war ich normalgewichtig und es ging mir super. Das machte mich neugierig: Warum wurde ich von dem ganzen Fett nicht krank und wieso funktionierte es dauerhaft? Abgenommen hatte ich schon mehrfach, aber es war mir bis dahin nie gelungen, mein Gewicht zu halten. Daher machte ich 2001-2002 eine Ausbildung zum Gesundheitscoach. Ich lernte alles rund um das Insulin, Abhängigkeit und Fettverbrennung. Auch mit echtem Wissen im Hintergrund blieb Low Carb eine gute Wahl.
Dann tauchte 2004 in Schweden GI auf und ich sprang auf den Zug auf. Ich war glücklich, Vollkornbrote, Vollkornpasta essen und mit Fructose süßen zu „dürfen“. Aber ich merkte schnell, dass das meinem Körper und meinem Gehirn nicht gut tat. Daher erschuf ich meine eigene Form von GI. Rückblickend würde ich es als LCHF mit Obst und einer übersichtlichen Menge Hülsenfrüchte beschreiben. Von den Hülsenfrüchten nahm ich jedoch recht schnell wieder Abstand, da sie Lektine enthalten. Auf Obst verzichte ich erst seit 2007 – aber nicht, weil ich glaube, dass Obst giftig ist, es triggert jedoch mein Essverhalten.
Für mich war daher LCHF nur eine Bezeichnung für etwas, was ich bereits seit vielen Jahren gelebt habe, auch wenn ich zwischendrin mit GI ein wenig auf Abwege geraten war. Als der Begriff LCHF auftauchte, war ich in erster Linie froh darüber, dass es nun mehr Menschen mit ähnlichen Gedanken gab. Es ist immer schön, nicht allein im Gegenwind zu stehen. Ich sehe LCHF nicht als Methode, sondern als Lebensstil.
Wo steht LCHF derzeit in Schweden? Hat es das Essverhalten dort wirklich nachhaltig verändert?
Anna: LCHF ist in Schweden heutzutage ziemlich gespalten – es haben sich verschiedene Versionen entwickelt. Manche jagen Kohlenhydrate und möchten sie so nah wie möglich an die 0 g-Grenze runterziehen. Andere achten auf die tägliche Menge an Kohlenhydraten, aber woher diese stammen, spielt keine große Rolle. Wieder andere schauen darauf, dass die Kohlenhydrate naturbelassen und für den Menschen artgerecht sind. Manche sehen einen Vorteil darin, so viel Fett wie möglich zu essen, andere achten darauf, nur die Menge zu essen, die sie satt hält. Die einen ernähren sich in erster Linie von Fett und Fleisch und behalten die Fett- und Proteinmenge im Auge, andere sind darüber hinaus auch an den kleinen Nährstoffen interessiert und achten darauf, täglich alle Nährstoffe abzudecken – jederzeit. Dadurch gibt es reichlich Diskussionen darüber, was richtig oder falsch ist, was man darf oder nicht darf. Wir haben uns entschlossen, Das große Low Carb High Fat Kochbuch zu schreiben, um unseren Standpunkt zu erläutern.
Unser LCHF ist eine glutenfreie Low Carb-Ernährung mit natürlichen Fetten. Alle Nährstoffe sollten stets mit dabei sein – jederzeit. Sie wählen die Menge Fett, mit der es Ihnen gut geht und die Sie lange satt hält. Wir berechnen und wiegen unsere Mahlzeiten nicht, da wir alle individuell sind und Lebensmittel unterschiedlich gut vertragen – Sie sollten selbst nachfühlen, was am besten zu Ihnen passt.
In unserem LCHF ist stets Gemüse dabei. Wir unterscheiden Kohlenhydrate nach ihrer Qualität. Aus unserer Sicht sind 5 g Kohlenhydrate aus Finn Crisp (Anmerkung Annika: Sehr dünnes Knäckebrot, besteht überwiegend aus Vollkorn-Roggenmehl) nicht das Gleiche wie 5 g Kohlenhydrate aus Brokkoli. Wir empfehlen eher 20 g Kohlenhydrate aus Brokkoli als auch nur 1 g aus diesem Knäckebrot.
Bei uns gibt es kein „erlaubt“ oder „nicht erlaubt“. Passen Sie Ihre Ernährung Ihren Zielen und Träumen an. Wenn Sie zuckersüchtig sind, hoffen wir, dass Sie einen strikten Weg gehen wollen. Möchten Sie abnehmen, hoffen wir, dass Sie ein LCHF wählen, dass die Gewichtsabnahme begünstigt. Ist es Ihr Ziel, weniger Schmerzen zu haben, hoffen wir, dass Sie eine Wahl treffen, die Entzündungen mindert und die Heilung stärkt.
Sie dürfen alles, was Sie wollen. Die Frage ist eher: Wollen und können Sie?
Åse: Ich möchte dem noch etwas hinzufügen: Ich finde, dass der Durchschnittsmensch heutzutage durchaus williger ist, weniger Kohlenhydrate in Form von z.B. Brot oder Pasta zu essen, und dass es deutlich populärer geworden ist, glutenfrei zu essen, als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Ich denke, dass unsere Auffassung von LCHF (dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt und dass es nicht gefährlich ist, Kohlenhydrate zu essen, aber dass man darauf achten soll, welche Quellen man wählt) mittlerweile deutlich verbreiteter ist. LCHF wird nicht mehr mit der gleichen Skepsis begegnet wie früher – das Klima innerhalb der Ernährungswelt hat sich also definitiv verändert!
Was haltet ihr davon, Kalorien und Makronährstoffe akribisch zu berechnen?
Anna: Ich bin absolut der Überzeugung, dass wir auf unseren Körper hören sollen, anstatt zu rechnen. Beim Rechnen wird davon ausgegangen, dass alles, was wir in den Mund stecken auch wirklich im Körper verwertet wird, was nicht stimmt. Bereits bei geringfügigen Problemen mit dem Magen oder der Verdauung verschwindet ein Teil davon leider in der Toilette.
Mit einem auf die Zahlen fokussierten Blick geht man davon aus, dass wir alle gleich sind und auch alle Kohlenhydrate und Proteine gleich sind, egal aus welcher Quelle – was ebenfalls nicht stimmt. Es ist ein Unterschied, ob die Kohlenhydrate aus einem belegten Brot oder aus Gemüse stammen.
Åse und ich berücksichtigen darüber hinaus das, was man mit den Kohlenhydraten auf- bzw. im Zweifel in Kauf nimmt. Nehmen wir an, Sie essen 10 g Kohlenhydrate, was nehmen Sie dann noch mit auf? Mit Knäckebrot ungünstiges Vollkorn, Gluten, Lektine und andere Stoffe, die Sie nicht im Körper haben möchten. Mit Gemüse hingegen bekommen Sie Vitamine, Mineralstoffe, Chlorophyll, unglaublich gesunde sekundäre Pflanzenstoffe und weiche, gutgesinnte Ballaststoffe.
Kontrollieren Sie nicht Ihr Leben, leben Sie es stattdessen. Fühlen Sie nach, was für Sie richtig ist – hören Sie auf ihren Körper. Sie kennen Ihren Körper nämlich tausendmal besser als jeder Experte.
Åse: Eine gute Methode, die Essensmenge zu kontrollieren, ist das Handmodell, das in unseren Büchern thematisiert wird. Da spart man sich die ganze Rechnerei!
Und eure Sicht auf Ersatzprodukte wie Eiweißbrot etc. und Zuckerersatzstoffe aller Art?
Anna: Ich rate davon ab und esse es selbst nicht. Eine überzogene Proteinmenge ist nicht das Beste für den Körper und sowohl die Vernunft als auch die Forschung zeigen, dass „Pfuschzucker“ den Körper negativ beeinflusst. Nein, dieser Zucker erhöht nicht den Blutzuckerspiegel, aber es reduziert die Ketose, vermindert die Fettverbrennung oder legt sie sogar lahm und erhöht den Stress im Körper. Und wenn man abnehmen möchte, wird das zur Falle.
Wir möchten so gerne unser „Süß“ behalten, dass wir dabei unsere anderen Standpunkte vergessen. Viele achten darauf, keine chemischen Zusätze zu sich zu nehmen, kaufen BIO und Fleisch vom Weiderind. Viele verwenden zum Kochen ausschließlich Rohwaren und wollen, dass alles so natürlich wie möglich sein soll. Und dann akzeptieren wir auf einmal ein weißes Surrogat-Pulver, um nicht auf Süße verzichten zu müssen? Wenn Sie und Ihr Gehirn Süße vertragen, empfehle ich Ihnen Honig. Vertragen Sie Süße nicht, verzichten Sie darauf.
Åse: Ich bin ganz Annas Meinung, aber gleichzeitig kann ich mir vorstellen, dass es für viele zwischendurch mal ein kleiner Luxus sein kann, ein Stück Kuchen oder eine Süßigkeit zu essen, ohne direkt Verlangen nach mehr zu haben.
Zucker ist nicht gesund, Zuckerersatzstoffe ebenso wenig. Ich bin nicht zuckersüchtig, aber für mich macht es einen deutlichen Unterschied in Bezug auf eine nachfolgende Lust auf Mehr, ob ein Kuchen mit Zucker oder Birkenzucker gebacken ist. Daher wähle ich eher etwas, für das Birkenzucker (Erythritol) verwendet wurde als herkömmlicher Zucker. Ansonsten verwende ich ebenso gerne ein wenig Honig. Das mache ich jedoch höchst selten und ich empfehle niemandem, der abnehmen möchte oder gerade erst angefangen hat, die Ernährung umzustellen, einen bestehenden Zuckermissbrauch am Leben zu erhalten, indem echte Süßigkeiten einfach nur durch „LCHF-Gebäcke“ ersetzt werden. Leider glauben viele, dass es dafür einen Freifahrtschein gibt.
Anna: Was Brotersatz betrifft, sind in unserem Kochbuch gute Rezepte zu finden. Ich esse diese Brote allerdings nicht, da mir mein Gehirn sofort „Ich will mehr“ signalisiert, sobald irgendwas nur im Entferntesten wie ein belegtes Brot aussieht. Aber die Rezepte sind sowohl gesund als auch lecker, also einfach genießen.
Es muss unglaublich spannend sein, das eigene Buch nun auch auf Deutsch bald in den Händen zu halten, oder?
Anna: Tatsächlich ist es bereits die 5. Sprache, in die eins meiner Bücher übersetzt wird. Aber dass es jetzt auch auf Deutsch erscheint, ist wirklich ein Träumchen. Das fühlt sich wunderbar an.
Zum Schluss die neugierige Frage: Welches ist EUER Lieblingsrezept aus Das große Low Carb High Fat Kochbuch?
Anna: Mein Favorit ist der Lachs mit Pistazien-Pesto-Kruste. Dazu dann Blumenkohlreis und Limetten-Mayonnaise mit einem Hauch frisch geriebenen Ingwer drin servieren…
Åse: Ich liebe den Lachs-Ei–Salat mit Wasabi-Dressing. Njam! Die scharfe, indische Hühnersuppe ist ebenfalls phantastisch.